Die neue FDP: Geht’s um Farben oder Inhalte?

by Ruediger on 10. Januar 2015

Ruediger_Goetz

Die FDP leistet sich ein neues Logo. Der erste Instinkt schreit nach hämischen Kommentaren und lädt ein, genussvoll auf den Prügelknaben der Bundespolitik einzuschlagen. „Typisch FDP: inhaltlich schwach, aber Hauptsache schön verpackt.“ Beifall und billige Zustimmung in der Branche sind gewiss.

Doch eine Partei der ersten Stunde unserer Demokratie, die sich mit dem Markenzeichen auch einen neuen Namen gibt, hat eine differenziertere Betrachtung verdient. Drei Fragen sind maßgeblich:

Braucht die FDP ein neues Signet?

Kommuniziert das neue Design die neue inhaltliche Ausrichtung?

Findet der Wechsel im richtigen Augenblick statt?

Tatsächlich muss die FDP sich gerade neu erfinden und tut dies auch. Sie besetzt den Wert der „Freiheit“, bzw. besetzt ihn neu. Dies ist in mehrfacher Hinsicht ein beachtenswerter Vorgang und in der Tat eine signifikante und klare Positionierungsänderung. Konsequent setzt sie den Begriff bereits im Namen neu um. Im ersten Moment auch ein verstörender Vorgang, aber auf den zweiten Blick mutig und in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. „Freie Demokraten“ ersetzt das bisherige „Die Liberalen“. Damit verabschiedet sich die FDP von einem Wort, das keine direkte Verbindung zum Namen der Partei hat, sicherlich inhaltlich nicht jedem zugänglich ist und zudem durch den Begriff des Neo-Liberalismus auch für die FDP ein schweres Erbe darstellt.

Der neue Name wirkt persönlicher und einladend, symbolisiert außerdem eine Abkehr vom Akronym FDP und damit auch von einer anonymen und intransparenten Partei alter Schule. Freie Demokraten betont mehr den Menschen, weniger die Institution. Und verbindet effektiv den offiziellen Parteinamen mit Inhalt und Vergangenheit der Partei. Der neue Name wirkt spontan einladend und sympathischer. Er nimmt der Partei die wahrgenommene Anonymität einer undurchsichtigen Lobbying-Gruppe, ist offener und betont die Stärken des alten Akronyms. Wer weiß denn heute noch, wofür das F, das D und das P stehen? Eine Namensänderung ist sicherlich einer der dramatischsten Vorgänge in der Markentechnik, aber hier erscheint Sie richtig und inhaltlich gerechtfertigt. Eine Veränderung des Logos war damit naheliegend.

Aber trägt das Design die neue Ausrichtung?

Viele Kommentare um das eigentliche Design und seine formale Qualität sind angesichts der inhaltlichen Brisanz eher zweitrangig und weitgehend geschmäcklerisch. Kritisch jedoch ist die Zusatzfarbe Magenta. Sie soll vermutlich das Logo jünger, lebendiger und zeitgemäßer erscheinen lassen, nimmt ihm aber auch deutlich visuelle Prägnanz. Das bisherige Gelb-Blau, sinnvollerweise ebenfalls etwas frischer interpretiert, war im Parteien-Kontext eine sehr kraftvolle und effektive Marken-Farbcodierung und hat Schlüsselcharakter für die FDP. Auch ist die semantische Wirkung dieser Farbe sicherlich im Einklang mit den neuen Werten wie Optimismus oder Freiheit. Magenta als dritte Hausfarbe verwässert, drei starke Grundfarben machen es schön bunt, aber sind kein wirklich wahrnehmungspsychologisch relevanter Markenfarbcode mehr – ein handwerklicher Fehler. Solange allerdings die Farben Blau und Gelb noch dominieren, kann man von einer visuellen Identifikation der Partei durch ihren ursprünglichen Farbcode ausgehen.

Typografisch verliert das Logo zwar gegenüber der alten Version, da die Abkehr vom Akronym auch einen Verzicht auf Plakativität bedeutet. Mit dem Fokus auf „Freie Demokraten“ wird jedoch die alte Kraft der Partei selbstbewusst und weniger steif auf den Punkt gebracht. Die Partei wirkt offener. Die Groß-Kleinschreibung drückt Tatkraft und Pragmatismus aus und ist stilistisch weder als alt- noch modisch einzuordnen.

Zusammengefasst ist der neue Auftritt sicher kein kreatives oder ästhetisches Meisterwerk der Markengestaltung, folgt aber nachvollziehbar der neuen Partei-Positionierung und ist einer bedeutenden politischen Partei wie der FDP, Verzeihung, den Freien Demokraten angemessen.

Aber kommt das neue Logo im richtigen Augenblick?

Grundsätzlich ist es in Zeiten mangelnden Erfolgs immer besser, zunächst das Produkt selbst zu ändern und einen Logowechsel lieber in einer Situation der Stärke vorzunehmen, wenn eine Diskussion darüber nicht von dringenderen inhaltlichen Fragen ablenkt. Eine Designänderung ohne Produktänderung hingegen kann den Prozess des Niedergangs eher beschleunigen. Die Partei macht sich mit diesem mutigen Schritt weiter angreifbar. Jeder hat eine Meinung dazu. Anstatt die Energie jetzt auf das Logo zu lenken und das Volk zur geschmäcklerischen Diskussion über Formalien einzuladen sollten neue Inhalte, Personen und Positionen im Vordergrund stehen. Das Logo hätte warten können bis erste politische Erfolge erzielt gewesen wären. Vielleicht ist aber das neue Branding vor allem ein Management-Tool in die Partei hinein, um dramatische Veränderungsprozesse zu unterstützen. Umso mehr darf es nicht nur eine Geste bleiben. Es müssen unmittelbar Taten folgen, welche die neue Positionierung, vor allem den Namen, glaubwürdig erlebbar machen. Ein hohes Risiko, aber wenn er gelingt ein in der deutschen Parteiengeschichte einmaliger Vorgang.

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