Wertschöpfende Ideen, statt wertvernichtende Preispromotions

by Alessandro on 12. August 2015

 

Quelle: Lebensmittelzeitung.net Foto: Heidrun Krost

 

Über die Entscheidung Red Bulls, ihre Produkte bei Aldi zu vermarkten und den daraus resultierenden Konsequenzen, wurde viel geschrieben. Die meisten Kommentare waren zu Recht sehr kritisch. Oft wurde über Wertvernichtung und Image-Schaden berichtet. Das Zitat von Ulli Gritzuhn, Unilever-Chef Deutschland, steht stellvertretend für die Sorgen vieler Markenentscheider: “Der Wahnsinn muss ein Ende haben”. Damit meinte er, dass solche Preiskämpfe nicht nur Markenherstellern, sondern auch dem Handel erheblichen Schaden zufügen. So wie Ulli Gritzuhn, ruft auch Gerd Hanke Handel und Markenhersteller in der Lebensmittelzeitung auf, Wertschöpfung, statt Wertvernichtung zu betreiben.

Warum solche Wertschöpfungsideen so bitter nötig sind, zeigen zum Beispiel die Ergebnisse der McKinsey Studie “The power of pricing”. Aus der Untersuchung geht hervor, dass ein Unternehmen den Abverkauf um 18.7% steigern muss, um eine Preisreduzierung von 5% kompensieren zu können. Im Fall von Red Bull, wurde der Preis zum Teil um 25% gesenkt – damit wird klar, in welchem Ausmaß Wertvernichtung betrieben wurde. Die gleiche Studie zeigt auch, dass eine durschnittliche Preisreduzierung von 1%, den Betriebsgewinn um 8% senken lässt. Damit steht fest, dass solche Maßnahmen nicht nur Marken schaden können, sondern auch der Profitabilität eines Unternehmens.

Dass “Preis” einer der stärksten Gewinntreiber ist, haben auch unterschiedliche Studien unter Beweis gestellt. Die Berater von Simon Kucher & Partners stellten fest, dass eine Preiserhöhung von 1%, zu Gewinnsteigerungen von 14 bishin zu 65% im Handel führen können (je nach Branche/Unternehmen). Die Annahme dahinter: die Preisanhebung führt nicht zu Mengenverlust. Im Fall von Red Bull halte ich die Annahme für realistisch. Wir reden hier von einer ganz besonderen und etablierten Marke mit einer großen Fangemeinschaft, deren Käufer einen Aufpreis von 1 Cent verkraften sollten.

Basierend auf dieser Erkenntnis, ist es nachvollziehbar, dass viele den Preiskrieg rund um Red Bull aus Markenperspektive als grob fahrlässig beschreiben. Die Frage ist doch: was soll denn noch passieren, damit alle Akteure sich gemeinsam auf die Suche nach besseren und wertschöpfenden Lösungen machen? Das es geht, haben viele Beispiele in der Vergangenheit gezeigt und 2 davon haben es meiner Meinung nach auf beeindruckende Art & Weise getan.

Beide zeigen wie eine Marke ein vermeintliches “Preispremium-Defizit”  erfolgreich und mit sehr viel Selbstbewusstsein nutzt und daraus für Hersteller und Handel eine Win-Win Lösung entstehen kann.

Stella Artois: “Reassuringly expensive”

In den 80er Jahren befand sich Stella Artois in einer schwierigen Situation. Der Absatz wuchs nur durschchnittlich verglichen zum Wettbewerb und der Marktanteil lag bei nur 6%, Tendenz leicht absteigend. Hinschwerend kam noch hinzu, dass ein Fass Stella Artois 7,5 Pfund mehr kostete, als andere Premium-Pils und die Marke sowohl in der Gastronomie, als auch im Handel schlecht distribuiert war. Anstatt sich für eine preisagressive Strategie zu entscheiden, machten die Markenverantwortlichen aus einer Not eine Tugend und starteten eine selbsbewusste und mutige Kommunikationskampagne mit dem Claim: “Reassuringly expensive”:

Dank dieser mutigen Entscheidung, übertraf der Erfolg der Kampagne alle Erwartungen:

  • Absatz: bis 1989 wuchs der Absatz um 406% (steig wachsend ab Kampagnenstart in 1982).
  • Marktanteil: wuchs von 5,5% in 1981 auf 10%.
  • Distribution: wurde verdoppelt – insbesondere im Handelsbereich wuchs die Distribution um 140%.
  • Image: alle wichtigen Image-Dimensionen wurden signifikant verbessert, wie z.B. “would like to drink” von 32% auf 40% oder “appeals to younger drinkers” von 10% auf 22%.
  • ROI: zu guter letzt, wurden für jeden Pfund-Investition in der Kommunikation, 1,9 Pfund an zusätzlichem Umsatz generiert – ein beachtliches Ergebnis, dass der Marke und Kampagne mehrere Effektivitäts-Preise bescherte.

Lurpark: Good food deserves Lurpark

Lurpark ist eine dänische Premium-Buttermarke, die es im hart umkämpften englischen Markt geschafft hat, mit einer mutigen und regelbrechenden Kommunikationsstrategie, zur Nummer 1 ihrer Kategorie zu werden.

Zwischen 2004 und 2007 hatte es Lurpark geschafft, ihre Penetration bei ca. 35% konstant zu halten. Andere Indikatoren wie “Bekanntheit” und “Consideration” hatten sich aber nicht verbessert und lagen immer noch deutlich hinter dem Wettbewerb. Was Lurpark bis 2007 gerettet hatte, waren ihre loyalen Konsumenten aus dem Norden. Allerdings, um wieder wachsen zu können, musste die Marke neue und jüngere Konsumenten für die Marke gewinnen – ganz besonders im Süden Englands.

Das große Potential für Lurpark lag daran, ihre Stärken im Bereich “Geschmack” zu nutzen, um Foodbegeisterte von der Marke zu überzeugen. Treue Markenverwender beschrieben den Geschmack als “raffinierter, cremiger und purer” und äußerten sich positiv über die puristische und wertige Silberverpackung. Entscheidend für die Entwicklung der neuen Kommunikationsstrategie, waren drei wichtige Elemente:

  1. Die Überzeugung vieler Konsumenten, die Qualität von Lurpark-Butter intensiviere den Geschmack zubereiteter Speisen wie keine andere Butter.
  2. Die glaubwürdige Autorität der Marke über “wie man Essen richtig oder falsch zubereitet” – diese Autorität hatte sich Lurpark verdient, da viele angesehene Küchenchefs Luhrpark-Butter verwendeten. Diese Expertise wurde durch eine sehr selbewusste Tonalität in der Kommunikation zelebriert.
  3. Kategorie Regeln brechen: während die meisten Wettbewerber mit Produkt-Benefits wie “Fettanteil” oder “leichter streichbar” kommunizierten und dabei oft glückliche Kühe in unberührten natürlichen Landschaften zeigten, brach Lurpark mit diesen Klischees und fokussierte sich auf das Essenzielle: wie essen schmecken kann, wenn man es mit der richtigen Butter zubereitet.

Diese 3 Elemente vereinten sich im neuen Claim der Marke: “Good food deserves Lurpark” und wurden filmisch wunderbar umgesetzt. Ich oute mich, ich bin ein Fan der Marke und deswegen habe ich gleich zwei Beispiele eingebaut:

Auch im Fall von Lurpark zeigen die Ergebnisse, dass ein selbstbewusster Umgang mit dem Thema “Preis”, der Marke zu neuen Höhen verhelfen kann:

  • Steigerung der Image-Werte: alle wichtigen Image-Werte wie “Besserer Geschmack”, “Ist ihren Preis wert”, “Ist eine selbstbewusste Marke”, “Verbessert den Geschmack der zubereiteten Speisen” und “Ist eine moderne Marke”, konnten signifikant gesteigert werden.
  • Umsatz-Steigerung: der Umsatz stieg während der Kampagnenzeit auf 196 Mio. Pfund – 9 Mio. über dem Unternehmensziel.
  • Rekrutierung von jüngeren Verwendern: Lurpark’s Marktanteil (in Volumen) bei Menschen unter 45 Jahren konnte von 7,9 auf 8,6 % gesteigert werden.
  • Mit der Kampagne avancierte Lurpark zur wertvollsten Marke in der Kategorie (vor Flora).
  • Preis-Premium verteidigt: während der Kampagnenzeit erhöhte sich der Kilopreis um 23% – damit war Lurpark 93% teurer als der Kategoriedurchschnitt.
  • ROI: für jeden Pfund Investititon in der Kommunikation, wurden 4,26 Pfund Umsatz generiert.

Diese zwei Beispiele zeigen, dass Menschen noch bereit sind mehr für Marken auszugeben, die sie nicht nur emotional ansprechen, sondern auch einen deutlichen Mehrwert bieten. Damit das so bleibt ist die Aufgabe von uns allen, egal ob Hersteller, Handel oder Kommunikationsdienstleister, Marken, heute und in Zukunft, als “wertvoll” zu behandeln.

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