Rüdiger Goetz, Geschäftsführer Kreation, und Michael Rewald, Geschäftsführer Beratung von KW 43 Branddesign aus Düsseldorf, sprechen über ihre Ziele.
Herr Goetz, KW 43 hat Auszeichnungen bei den Red Dots abgesahnt. Da geht es vor allem ums Aussehen…
Es ist bemerkenswert, dass die Werke, die Awards gewinnen, eine ganz strenge Arbeitsfokussierung haben. Oft sind wir angenehm überrascht, dass unsere Szene nicht nur ästhetische Werte, sondern auch den wirtschaftlichen Hintergrund eines Projekts ermessen kann. Wir machen zu allererst sinnvolles Design.
Woran liegt es, dass Sie dennoch weniger im Gespräch sind, als andere Design-Agenturen?
Nach eigenem Empfinden sind wir durchaus präsent. Das merkt man alleine am Kundenzuwachs. Wir haben schon vor einiger Zeit beschlossen, uns in der Kommunikationsarbeit lokal auf NRW zu fokussieren. Hier in NRW sind wir die kreativste der strategischen Design-Agenturen. Aber wir werden unsere Erfolge zukünftig durchaus mehr nach außen kommunizieren.
Bekannt ist auch Ihr Relaunch für Germanwings. Haben Sie aktuell wieder ein vergleichbares Projekt?
Im Moment arbeiten wir an drei großen nationalen Relaunches und an einem internationalen. Leider dürfen wir keine Namen nennen. Aber die künftigen Kunden sind aus dem Luxury- und Investitionsgüter-Bereich.
Gab es auch einen Lerneffekt, den Sie aus so einem großen Projekt wie das für Germanwings gezogen haben?
Was mich am meisten fasziniert, ist, dass es keinen Standard gibt. Man wird jedes Mal mit neuen Menschen, Situationen und Zusammenhängen konfrontiert. Immer individuell und komplex. Bei Germanwings fand ich unsere Arbeit in der internen Markenführung am spannendsten. Wir haben hierzu mit dem Kunden eine interne Marken-Akademie entwickelt und ein Coachingprogramm für die Mitarbeiter geführt. Es war eine tolle Herausforderung, die Identität einer Marke auszubauen und den Menschen eine Heimat in ihrer neuen Identität zu geben.
Design für Germanwings: KW 43 hat für die Fluggesellschaft die Markenpositionierung sowie das Corporate Design und Logo entwickelt. Dafür gewannen sie Preise.
Herr Rewald, was haben Sie seitens der Beratung mitgenommen?
Die Agentur hat gelernt, dass ein Marken-Relaunch ein oft einmaliges Ereignis für ein Unternehmen und dessen Mitarbeiter ist. Wir müssen antizipieren, was für den Kunden wichtig ist und dass das Projekt in der Gesamthaftigkeit, Tiefe und Konsequenz verstanden wird – um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein sowie alle Touchpoints der Marke zu berücksichtigen. Das hat eine Konsequenz vor allem auf Timing, Budget und ist entscheidend für den Erfolg. Daher ist es unerlässlich, dass die Beratung vorrausschauend agiert.
Ist KW 43 am wachsen?
Ja, wir wachsen rasant. Wenn das Jahr so ausgeht, wie wir das planen, dann werden wir 2014 ein Umsatzwachstum von 20 bis 30 Prozent erreichen. Gilt das auch personell? Aktuell sind wir 25 Festangestellte, die sich pur auf Beratung und Kreation konzentrieren. Wir haben als Teil des Grey-Networks den großen Vorteil, alle angrenzenden Disziplinen abrufen zu können, ob strategische Planung, Digital, Art Buying, PR oder New Business Development.
Herr Goetz, ist es schwer, richtig gute Kreative zu finden?
Hier in Düsseldorf ist es noch verschärfter. NRW ist ein Lieferant, aber kein Abnehmermarkt für Kreative. Wir müssen dafür sorgen, dass der Beruf an Attraktivität gewinnt. Gerade haben wir den ersten NRW Portfolio Day organisiert. Hierbei wurden Jungdesigner zu einem Workshop eingeladen, um sie bei ihrer Mappengestaltung zu unterstützen, indem sie direktes Feedback von Experten erhalten – ganz kritisch und offen. Das kam sehr gut an.
Weshalb verliert der Beruf an Attraktivität?
Ein Grund ist sicher, dass das Image-Problem der Werbebranche auf uns abfärbt. Es gibt viele Vorurteile über die Kommunikationsbranche, die mit den Lebensentwürfen von jungen Menschen nicht mehr übereinstimmen. Dabei ist die Branche für mich nach wie vor eine der spannendsten und abwechslungsreichsten, die unabhängig von der Ausbildung schnelle Karrieren ermöglicht. Für welche Trends rüsten Sie sich? Eine große Herausforderung ist für mich immer noch integriertes Arbeiten. Das hat sich als Begriff immer gut angehört, aber jetzt muss tatsächlich geliefert werden. Die Zeit des Elfenbeinturms des Designs ist vorbei. Die Welt braucht kein arrogantes Design mehr, sondern Design, das sich integriert und im Schulterschluss mit anderen Disziplinen echten Mehrwert für den Kunden schafft.
Worauf richten Sie Ihr Augenmerk, Herr Rewald?
Was das Branddesign angeht, hat sich viel in Richtung Projektgeschäft gedreht. Früher haben Unternehmen CI/CD-Agenturen als „Marken-Polizei“ an sich gebunden. Die dauerhafte Pflege lösen die Unternehmen nun überwiegend intern. Ein weiterer Trend ist die Digitalisierung. Dahingehend müssen wir, unser Angebotsportfolio anpassen, und ausbauen. Hier ergeben sich, neue Möglichkeiten: Stichwort Content-Marketing. Wie und wo rüber spricht eine Marke? Das wird mit der Marken-Positionierung definiert. Hier werden sich noch viele interessante Aufgaben ergeben.
Nehmen Sie gerade an Pitches teil?
Aktuell sind wir in vier Pitches. Allerdings selektieren wir ganz klar und achten auf einige Hygiene-Faktoren. Die Ernsthaftigkeit der Aufgabenstellung, die Qualität des Briefings, eine angemessene Aufwandsentschädigung und faires Timing. Gerade erst haben wir einen Kunden gewonnen, bei dem wir eigentlich den Pitch abgelehnt hatten. Wir haben ihm eine höflich begründete Absage geschrieben, da Marken-Strategie und Design in einem präsentiert werden sollten, was aus unserer Sicht nicht funktionieren kann. Der Kunde hat sich daraufhin gemeldet und suchte das Gespräch. Jetzt gehen wir mit ihm in einen Markenworkshop und ich glaube, dass wir gute Chancen haben, auch das Corporate Design zu entwickeln. Er hat seinen Pitch abgeblasen.
Wie lauten Ihre Ziele für 2015?
Wir wollen das Wachstum der KW43 vorantreiben, das Portfolio ausbauen, unsere Mitarbeiter weiter qualifizieren, unsere Local-Hero-Position erweitern und national bekannter werden. Aktuell haben wir zwei sehr spannende internationale Corporate-Design-Projekte – diesen Bereich müssen wir intensivieren.
(Quelle: Kontaker, Printausgabe 36/2014, 04.09.2014)