Für viele Unternehmen ist Social Media zurzeit ein Muss. Wie man sich aber im Social Web verhält, wie man darin kommuniziert, welchen Mehrwert es bringen kann und welche Power es hat, ist nicht immer hinreichend bekannt.
Ich bin auf einen interessanten Artikel aufmerksam geworden, der bei trick.de in den letzten Tagen erschienen ist. Darin geht es um 3 Beispiele, in welchen sich Unternehmen deutlicher Kritik von Usern ausgesetzt sahen. Der Worst Case trat ein. Der Albtraum eines jeden Unternehmens.
Mich interessierte, wie man seitens der Verantwortlichen der Kritik begegnete. Eines ist aber klar: Jeder Fall ist für sich zu betrachten und es lassen sich daraus auch keine Verallgemeinerungen a lá “So sollten Sie sich verhalten, wenn Sie im Socil Web kritisiert werden” ableiten. Letztlich kommt es immer auf das interne Know How der Mitarbeiter an, die sich dezidiert mit dem Thema Social Web befassen.
Grundsätzlich muß man in einer solchen “heißen Phase” nicht alles neu erfinden, aber was durchaus honoriert wird ist die Einsicht in etwaiges Fehlverhalten und Lernbereitschaft. Damit einhergeht die möglichst kurzfristige Korrektur von eindeutigen Fehlern. Und natürlich sollte gesunder Menschenverstand walten. Denn: Die Kritik kommt von Menschen, die sich in der Regel offen an das Unternehmen wenden. Und das nicht nur um des Kritisierens willen, sondern weil man sich für die Marke interessiert. Das bedeutet, jeder einzelne Kritiker sollte Ernst genommen werden.
1. LOFT (07/2010), Modemarke von Ann Taylor, stellte Fotos mit einem großen blonden Model, bekleidet mit der neuesten Hose, auf seine Facebook-Fanpage. Auf den ersten Blick völlig ok, auf den zweiten Blick recht problematisch. Warum? Weil die Fans die Hose eben nicht nur an einem Model sehen wollten, sondern auch an “normalen” Menschen.
Was machte LOFT? Sie fragten kurzerhand Mitarbeiterinnen mit verschiedenen Konfektionsgrößen und posteten Fotos von ihnen einen Tag später auf der Facebook Fanpage.
Essenz: Schnell reagiert und die Kritik in Maßnahmen antizipiert, so dass es nicht zu einer längerfristigen Krise kam. Die Kunden fühlten sich und ihre Beschwerden ernst genommen.
2. Southwest Airlines (02/2010) zog sich die Kritik eines “Celebrity” zu, nämlich Kevin Smith, bekannter Regisseur. Denn dieser wurde aufgrund von Sicherheitsbedenken trotz gebuchtem Sitzplatz aus dem Flugzeug verwiesen, da er zu dick sei. Er hätte vor Antritt des Fluges einen einen Extra-Platz buchen müssen, was nun nicht mehr ging, da die Maschine ausgebucht war. Smith lies sich dies nicht gefallen und informierte seine 1,6 Mio. Follower auf Twitter über den Vorfall.
Die Folge: “Innerhalb von nur 6 Tagen wurde er in 3.043 Blogs erwähnt, in 5.133 Foren-Einträgen und in 15.528 Tweets.”
Was machte Southwest Airlines? Kurz nach dem ersten Tweet von Smith wendete sich Southwest öffentlich an ihn via Twitter:
Nach weiteren Tweets von Smith veröffentlichte Southwest im Anschluss an eine Gespräch mit ihm den ganzen Fall mit Erklärung und Entschuldigung. Daraufhin beendete auch Smith seine Kritik an Southwest.
Essenz: Schnelle Reaktion, direkte Kontaktaufnahme, Einsicht, Korrektur eigenen Verhaltens, zeitgemäße Krisenkommunikation.
3. Pretzel Crisps (08/2010) starteten vor kurzem eine breitangelegte Werbekampagne in amerikanischen Städten für ihre Snacks mit dem Titel: “You can never be too thin”. Das man nie zu dünn sein könne, erregte die Blogosphäre und sorgte für Kritik, da dies Magersucht Vorschub leiste.
Was machte Pretzel Crisps? Man versuchte dem entgegenzuwirken, in dem man nach Gesprächen mit Bloggern und deren anhaltender Kritik sich für das Feedback bedankte und bekannt gab, daß man sich keineswegs “auf die Seite von ungesundem Gewichtsverlust stellen” wolle. Zudem entfernte man die Plakate. Allerdings wurde man vollends unglaubwürdig, als in der darauffolgenden Werbekampagne der Slogan “Tastes as good as skinny feels” verwendet wurde, was so viel wie “Schmeckt so gut, wie sich Schlanksein anfühlt” bedeutet.
Die Folge: Harsche Kritik am Unternehmen, Bezichtigung der Lüge, Konsumenten wendeten sich ab.
Essenz: Erst schnell reagiert und sich im Anschluss mit erneuter Provokation die Glaubwürdigkeit vollends verspielt.
Fazit: Alle 3 Beispiele zeichnen sich durch ihre anfängliche angemessene Schnelligkeit in der Reaktion auf die aufkommende Kritik seitens des Social Webs aus. Man geht auf seine Kritiker zu, sucht den direkten Draht und das auf den von den Kritikern bevorzugten Social Media Channels. Man gesteht Fehler ein, entschuldigt sich sogar für das eigene Verhalten.Kurz um: Bis auf das letzte Beispiel verhält man sich wie sich in der Regel der Einzelne auch verhalten würde: Man möchte die Sache klären und steht zu seinen Fehlern.
Was bei allen 3 Beispielen aber auch festzuhalten ist und dessen sollten sich Unternehmen bei ihrem Eintritt ins Social Web bewusst sein, ist die Tatsache, das die geübte Kritik Auswirkungen auf die Reputation des Unternehmens hat. Denn: Kritische Berichte seitens Blogs (hier Huffington Post, Mashable und Co.) bleiben in den Suchmaschienen für längere Zeit auf den ersten Ergebnisseiten, wenn man nach dem Unternehmen sucht.
Das Social Web Engagement bedeutet einen klaren langfristigen Einsatz von zugewiesenen (ausgebildeten, personellen) Ressourcen, die kontinuierlich und situativ im Namen des Unternehmens reagieren können.
Update: Ein Leser, Gerhard Schröder aus Essen, hat uns freundlicherweise daraufhingewiesen, daß bereits am 24.08. ein Artikel mit den 3 Beispielen bei openforum.com erschien. Dafür vielen Dank!
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