Wie Marken aus der Not eine Tugend machen können

by Alessandro on 17. August 2011

Was haben Viagra und Cheetos (eine Erdnussflips-Marke aus den USA) gemeinsam? Auf dem ersten Blick nichts aber vor ein paar Jahren hatten beide Marken Schwierigkeiten mit der Regulierungsbehörde und mussten sich überlegen, wie sie ihre Produktvorteile kommunizieren, ohne sich dabei strafbar zu machen.

Viagra

Bei Viagra ging es darum, dass die Marke (wie alle Pharma-Marken) in Canada laut FDA (Food and Drugs Act) nicht kommunizieren darf  bei welchen Symptomen oder Problemen sie hilft. Für viele Produkte/Marken wäre das ein KO-Kriterium, aber die Agentur von Viagra ist mit diesem Verbot sehr kreativ umgegangen und traute sich, dieses “Mund tot reden” wortwörtlich umzusetzten:

Ein sehr schönes Beispiel dafür, dass das  Ungesagte oft das Interessanteste sein kann. Mit dieser Kampagne schaffte es Viagra sogar, beim größten Werbefestival in Cannes einen Löwen zu gewinnen.

Cheetos

Bei Cheetos war die Ausgangslage etwas anders. Die Erdnussflips-Marke war bei Kindern und Müttern sehr beliebt.  Zu beliebt. Als die neue Agentur (Goodby, Silverstein & Partners) 2007 den Etat bekam, wurde in den USA heftig über Fettleibigkeit diskutiert. So heftig, dass Pepsico/Frito Lay (das Unternehmen das Cheetos vermarktet), sich dafür entschied das “Children’s Advertising Review Unit” zu unterschreiben und somit auch keine Kommunikation für Kinder mehr zu entwickeln.

CheetosNachdem 60 Jahre die Zielgruppe  Kinder/Mütter im Fokus stand, musste die Marke einen Weg finden, für die 25 bis 35-jährigen relevant zu werden. Die gute Nachricht war, dass viele Erwachsene Cheetos bereits kauften. Aber aufgrund des “kindischen” Image traute sich keiner in Fokusgruppen oder in seinem Freundeskreis Farbe zu bekennen und sich zum Marken-Fan zu outen. Ein kurzer Blick auf  Facebook, Flickr und MySpace zeigte der Agengur aber,  dass eine echte “Undergound-Bewegung” für die Marke existierte (Bildquelle: Flickr.com, Thefuturistics). Um herauszufinden, was diese Menschen gemeinsam hatten, befragte die Agentur 1000 von ihnen online.

Das Ergebnis dieser Befragung wurde zum kreativen Sprungbrett der Kampagne: die Cheetos “Underground-Bewegung” zelebrierte das “kindliche” und “unartige” in erwachsenen Menschen. Chester, die bekannte Markenzeichen-Figur verwandelte sich und wurde zur  Hauptfigur, die Menschen dazu ermutigten loszulassen und Unruhe zu stiften:

Alle Spots luden Menschen ein, die Plattform “OrangeUnderground.com” zu besuchen, wo der Spaß richtig los ging. Hier wurden Tipps initiiert, mit denen sie das steife und langweilige Erwachsensein effektiv bekämpfen konnten.

Nicht nur hat es Cheetos mit dieser Kampagne geschafft, sein “kindliches” Image loszuwerden und damit das ursprüngliche Ziel erreicht, sondern die Marke wuchs nach Start der Kampagne um 25%.  Nein, es wurde noch besser, denn innerhalb der Zielgruppe der 25 bis 34-jährigen wuchs der Konsum um 45% im Vergleich zum Vorjahr.

Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass das Verbotene manchmal auch was Gutes in sich trägt oder wie es Jean Genet, französischer Schriftsteller, formulierte: „Den Reiz des Verbotenen kann man nur kosten, wenn man es sofort tut. Morgen ist es vielleicht schon erlaubt.“

Trackbacks

  1. [...] Abstrakte Berater-Theorien müssen in der Praxis bewiesen werden. Oft machen wir das mit eigenen Projekten, weil "ganz vorne" wenige Beispiele existieren. Die 2. Variante ist warten und "Recht behalten" ;-) Über solche Beispiele freue ich mich am meisten, weil sie objektiver sind. Hier ist also eins von Grey: [...]

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