Manch ein Unternehmen ist schon länger im Social Web aktiv. Dazu gehört zweifellos der amerikanische Computerhersteller Dell aus Round Rock. Alles begann mit Jeff Jarvis, dem bekannten Blogger, und seiner Buzzmachine.
Mitte August 2005 adressierte Jarvis, u.a. bekannt geworden durch sein Buch mit dem Titel “What Should Google Do?”, seine Kritik direkt an Dell und gegen dessen Chef und Gründer, Michael Saul Dell. Er begann seinen Open Letter mit folgenden Worten: “Gentlemen, Your customer satisfaction is plummeting, your marketshare is shrinking, and your stock price is deflating.” Deutlicher geht es nicht. Um es kurz zu machen: Dell nahm sich der Kritik an und setzte 2006, etwa ein Jahr später, ein Corporate Blog auf, um im Social Web vertreten zu sein, sich seinen Kunden zeitgemäß zu präsentieren und ihnen eine Anlaufstelle zu bieten, auf welcher sie ihre Kritik an Dell Produkten äußern können.
Aber der Neubeginn war zunächst problematisch, denn bei Dell entschied man sich für werbliche Posts, die gar nicht gut ankamen bei den Lesern. Auch das Basic Thinking Blog machte sich dazu so seine Gedanken: “Summa summarum muss ich aber feststellen, dass es anscheinend besser ist, ein Corporate Blog zunächst bewusst nicht Blog-konform zu halten, sondern lieber anzuecken. Dann aber buzzy zu werden, indem man hinhört, indem man Respekt zeigt, indem man langsam human wird. Sonst fällt doch ein Blog in der Masse eh nicht mehr auf. Oder?”
Bei einem speziellen Leser des Dell-Blogs kamen die Blogaktivitäten besonders schlecht an, nämlich bei Jeff Jarvis. Wieder war es der Blogger, der Kritik übte, u.a. meinte: “The subtitle is “direct conversations with Dell” but this is as much a conversation as yelling at a brick wall. There is not one link there. It’s filled with promotions for Dell’s wonderfulness. The top post today from the global director of e-commerce, Manish Mehta, saying – It is hard for me to believe that it has been 10 years for www.dell.com. – Yes, I (Jeff Jarvis, Anm. d. Red.) think I spent about 10 years on hold with you guys. … “Dell isn’t listening. And listening, once more, is the first step in blogging.” Ein durchaus hartes aber klares Urteil, woraufhin Dell sein Blog-Engagement überdachte und nach und nach veränderte. So veränderte, daß Jeff Jarvis ein Jahr später, im Oktober 2007 in seinem Blog titelte: Dell Hell: The end? Seit dem läuft der Corporate Blog von Dell immer besser und besser.
Jetzt schreiben wir das Jahr 2010. Man scheint offensichtlich zuzuhören, wenn Dell inzwischen landauf landab als Best Practice Beispiel genannt wird… Gestern nun erschien im Netzökonom ein Interview mit Manish Mehta, dem Verantwortlichen für Socia Media bei Dell. “Social Media wird in allen Unternehmen selbstverständlich sein”, so der Titel des Interviews, welches Holger Schmidt, verantwortlicher Redakteur, geführt hat.
Das Interview übrigens beinhaltet ähnlich wie das bei internetworld erschienene, welches die Redakteurin Tanja Gabler durchgeführt hat, klare Ansatzpunkte für andere Unternehmen und mögliche Social Media Engagements, die wir nachfolgend in Auszügen dokumentieren.
Ansatzpunkte und Erfahrungswerte von Manish Meta, Dell:
Zuhören
“Das ist mein erster und wichtigster Rat: Hören Sie auf Ihre Kunden. Hören Sie allen Unterhaltungen zu, die über Ihr Unternehmen oder Ihre Produkte geführt werden. Möglicherweise werden Sie zuerst denken, die Unterhaltung in einem sozialen Netzwerk ist nicht wertvoll, ein Blogeintrag sei nicht signifikant. Aber was Dell beobachtet hat: Dort engagieren sich ihre Kunden heute – und sie verbringen weniger Zeit auf ihrer Unternehmensseite.”
Engagement
“Beim Zuhören wird meist klar, wie ein Unternehmen sich engagieren sollte. Das Engagement sollte sich nicht nur auf das Marketing konzentrieren, sondern tief ins Unternehmen hineingehen.”
Mitarbeiter
“Bei Dell haben wir 800 aktive Nutzer identifiziert, die im Auftrag des Unternehmens offiziell twittern oder bloggen. Gerade haben wir zudem 1000 Mitarbeiter in der Social-Media-Universität von Dell trainiert. Dort lernen sie, wie man mit Kunden kommuniziert. … Die Vision ist: Wir stellen jedem Mitarbeiter ein Radio auf den Schreibtisch, damit er die für ihn relevanten Kundengespräche im Social Web hört.”
Offenheit
“Wer eine Geschichte aufbaut oder Meinungsmacher für sich einspannen will, ohne transparent zu sein, ist ganz schlecht beraten. Wenn ein Fehler passiert, sollte man ihn zugeben und demütig sein. Bei allem muss man natürlich die Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens wahren.”
Aktive Kommunikation
“Wenn wir zum Beispiel mit einem Blogger, der negativ über uns geschrieben hat, Kontakt aufnehmen, ist er oft überrascht, dass ein so großes Unternehmen wie Dell den Austausch mit ihm sucht. Oft wird aus einer negativen Berichterstattung dann eine positive.”
Council of Social Media Engagement
“Wir haben 17 Abteilungen wie Produktion, Marketing oder Services, die mit Social Media zu tun haben. Sie alle nehmen an einem Rat teil, der von mir geleitet wird. Wir treffen uns jede Woche. Dabei gilt die Devise: Die Strategie wird in der Zentrale festgelegt, aber jede Abteilung hat die Möglichkeiten, eigenverantwortlich in die Tiefe zu gehen.”
Messbarkeit von Social Media
“Wir verfolgen zurück, woher die Nutzer unserer Internetseite kommen. Wenn viele Nutzer von Linkedin zu Dell kommen, schauen wir uns Linkedin genauer an und beginnen, uns dort stärker in die Unterhaltungen einzuschalten. Das ist eine sehr effektive Möglichkeit, mehr Kunden auf unsere Internetseite zu bekommen und damit Geschäft zu generieren. Messungen dieser Art nehmen wir an vielen Stellen vor. Wir beobachten, dass Social Media zu Einsparungen im anderen Online-Bereichen wie in klassischen Offline-Beziehungen führt.”
Letztlich zeigen die Erfahrungen von Dell einmal mehr, daß Unternehmen bei ihrem Social Media Engagment einem Reifeprozess unterlegen sind. Sie machen ihre Erfahrungen, ihnen widerfährt Kritik, durch welche sie ihr Handeln kontinuierlich optimieren. Dell heute ist mit Dell von 2005/6 in Bezug auf das Social Web nicht zu vergleichen.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr uns Eure Erfahrungen mitteilen würdet. Was fehlt bei den Ansatzpunkten? Was gilt es bei dieser “Success-Story” im hinblick auf Unternehmen zu ergänzen?
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