Ed Wohlfahrt ist inzwischen ein über die Grenzen Österreich hinaus bekannter Blogger. Der Klagenfurter ist selbstständiger PR-Berater, bloggt zu PR-Themen und berät Unternehmen. Wie Claudia Baeumler Ende 2009 in ihrem Interview auf pr-fundsachen schrieb, liegt Ed`s „Expertise in den Bereichen Public Relations und Online-PR, Corporate Social Media, Online Reputations-Management und Online-Monitoring.“ Da liegt es nahe, ihm doch ein paar Fragen zu stellen…
Johannes: Hallo Ed, na wie siehts aus in Klagenfurt? Schnee habt Ihr da wahrscheinlich schon in rauhen Mengen. In Düsseldorf wirds auch langsam kühler und den ersten Schnee erwarten wir stündlich…
Ed: Täusch dich mal nicht. Ich war heute bei strahlendem Sonnenschein und 10 Grad spazieren. Schnee brauchen wir erst um Weihachten rum.
Johannes: Wie ich gelesen habe, bist Du einer der bekanntesten österreichischen PR-Blogger? Wie viele gibt es Deiner Meinung nach ca. und steht Ihr untereinander in Kontakt?
Ed: Es gibt vielleicht eine handvoll Leute in Ösien, die im Bereich Online-PR was zu sagen haben, die wissen wovon sie reden. Leider betreiben nicht (mehr) alle davon ein Blog. Man ist jedoch in Kontakt, trifft sich bei Veranstaltungen oder z. B. im Rahmen des Social Media Round Tables des Österreichischen PR Verbandes (PRVA).
Johannes: So Ed, Dein jüngster Blogpost dreht sich rund um das Video von Publicis. Jetzt ist ein Fake-Video aufgetaucht. Auf Twitter hat man 2000 follower generiert. Was sagst Du dazu? Oder: Hättest Du es genauso gemacht?
Ed: Ich bin immer heiß darauf zu sehen, wie klassische Agenturen (Publicis hat ja unter anderem auch Public Relations im Bauchladen) mit Social Media umgehen. Wie sie es handhaben, einsetzen, leben. Besonders interessant wird es dann, wenn Kunden solcher Agenturen Teil des Online Gesprächs werden, Buzz erzeugen, egal ob positiv oder negativ. 99,9 Prozent dessen, was Agenturen auch PR-Agenturen auf ihren Facebook Fanpages tun ist tot lanweilig. Die machen das, weil sie vor ihren Kunden unglaubwürdig sind, würden sie es nicht tun. Und dementsprechend wird über die verschiedenen Social Media Kanäle dann kommuniziert. Zurück zum Thema! Besonders spannend ist, wenn PR-Agenturen durch ihr eigenes Zutun ins Gespräch kommen bzw. von anderen besprochen thematisiert werden. Der vorliegende Fall ist einer, jener von Edelman in der Sache „Four Loko“ ein anderer. Dann schaue ich natürlich ganz genau hin um zu lernen, zu sehen was andere tun und warum. Brandjacking ist im Web ein weit verbreitetes Phänomen. Was ich dazu sage kann ich 1:1 aus dem Kommentar auf meinem Blog nehmen. Dort schrieb ich: Generell denke ich, dass das, was ein User hier gemacht hat, auch als großes Kompliment an ein Unternehmen gesehen werden kann. Ich weiß, das Wort “Kompliment” passt hier nicht wirklich gut, schließlich wird das Unternehmen ja arg verschaukelt. Aber wenn jemand meine Inhalte aufgreift, verändert und wiederum teilt, so sagt dies mehrerlei aus. Einerseits über die Marke selbst, also Publicis. Andererseits über die Leute, mit denen Sie online offenbar in Kontakt stehen bzw. für die das, was Publicis sagt oder tut eine Rolle spielt und die darüber hinaus ein hohes Maß an Envolvement (darauf lässt sich aufbauen…) und auch Know-how mitbringen. Von dieser Warte aus betrachtet ist es also nicht nur negativ was hier passiert. Die Frage ist halt, ob das Unternehmen dazu in der Lage ist, dies so zu sehe.
Johannes: Was Sagt Dir GREY?
Ed: Also ehrlich gesagt zuerst einmal gar nichts. Klingt jetzt hart. Ich hab aber das Blog am Radar und „kenne“ damit natürlich auch Grey. Das heißt, ich sollte es zumindest kennen.
Johannes: Wie würdest Du jemandem beschreiben, was er zu tun hat, wenn sein Unternehmen von einer PR-Krise betroffen ist und seine Reputation bangt. Sagen wir, es wurde auf Facebook „angegriffen“. Die Kommentare einfach löschen oder wie?
Ed: Ich würde sagen „shit happens“ da müssen wir jetzt gemeinsam durch. Der Handlungsspielraum von Unternehmen in der Krise sinkt rapide. Spielraum habe ich insbesondere vor der Krise. Und diesen gilt es entsprechend zu nutzen. Löschen ja oder nein lässt sich hier nicht klar sagen weil Fanpages Kommentarrichtlinien beinhalten sollten aus denen klar hervorgeht, was hier gesagt werden darf und was nicht. Löschen ist generell die einfachste aber auch kritischte aller Varianten. Und ich möchte gar nicht wissen, wie viele Kommunikationsfälle durch Löschen einer „Lösung“ zugeführt werden. Es ist nicht schön von den eigenen „Freunden“ auf Facebook niedergeschrien zu werden. Aber zu diesem Zeitpunkt habe ich seriös betrachtet kaum noch eine Chance einzugreifen. Was ich auf jeden Fall tun sollte, ist, meine Kanäle dafür zu nutzen, meine Sicht der Dinge zu transportieren. Wofür sonst habe ich mir die Social Media Kanäle denn sonst aufgebaut?! Bestimmt nicht zur Schönwetter-Kommunikation. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ich sollte aber auch zuhören können und den jeweiligen Social Media Kanal als Sammelpunkt für Kritik also quasi als Beschwerdepostkasten denken. Wenn ich als Unternehmen Mist gebaut habe, dann muss ich damit leben, dies auch auf meiner eigenen Fanpage lesen zu müssen.
Johannes: Viele sagen, das dass Zuhören, das „Listening“ das A und O bei bzw. vor einem jeden Social Web Engagement ist, egal ob es sich um ein Unternehmen oder eine Einzelperson handelt. Wie macht man das eigentlich?
Ed: Möglichst einfach und niederschwellig, Yahoo Pipes, Twitter Search in diese Richtung. Nicht selten sieht man dann, dass es gar nicht so viele user generierte Inhalte zum eigenen Unternehmen zur eigenen Marke gibt, wie vermutet. In weiterer Folge ist es mit dem Zuhören aber nicht getan. Das ganze braucht einen Rahmen und Vorgaben, was mit Treffern zu geschehen hat z. B. wie diese ihren Weg zurückfinden zu bestehenden Strategien etc. Und wenn man das Thema Zuhören dann irgendwann mit Hand und Fuß machen möchte, führt an Bezahl-Tools wie Radian6 oder Buzzmetrics meiner Meinung nach kaum ein Weg vorbei.
Johannes: Was ist Dein Verständnis vom Social Web? Was ist darin elementar zu beachten?
Ed: Hier sprechen Menschen mit Menschen. Das sollten Firmen bedenken, wenn sie sich anschicken Teil dieser Gespräche werden zu wollen.
Johannes: Schließlich: Was hältst du von dem neuen Typus des Social Media Managers? Und: Warum wird das Thema Social Web Engagement bei immer noch vielen Unternehmen belächelt bzw. mit zu niedrigen personellen Ressourcen ausgestattet?
Ed: Die, die noch immer lächeln sollen das tun. Die Notwendigkeit sich zu differenzieren wird jedoch ein immer wichtigeres Thema. Und hier kann Social Media Sinn machen. Die niedrigen Ressourcen haben mit Sicherheit auch damit zu tun, dass vielerorts nicht klar ist, was Social Media bringt. Aus diesem Hintergrund sind Key Performance Indikatoren, sind klare, sprich messbare Zielsetzungen so wichtig. Die Sichtweise, auch irgendwas im „Web 2.0“ mach zu müssen, weil das jetzt alle tun, ist weit verbreitet. Stragegien, Ziele und Evaluierung kommt viel zu kurz. Und wenn ich nicht weiß, was ich bekomme, dann fahr ich sicherheitshalber mal mit angezogener Handbremse
Johannes: Ed, ich danke Dir für das Interview und freue mich darauf, Dich bald mal persönlich zu treffen. Solltest Du in Düsseldorf sein, melde Dich und wir trinken eine Melange
Ed: Das tun wir. Vielen Dank für das Interview. Wir lassen es dann aber krachen und trinken einen doppelten Espresso!
Wenn Ihr Fragen an Ed habt oder zu dem Interview, nur zu. Wir freuen uns auf das Feedback.
[...] Somit brauchte Nestlé, um bei den drei Beispielen zu bleiben, wesentlich länger, um den Grad an Reputation wieder zu erlangen, welchen die Marke vor ihrer PR-Krise [...]
[...] Absolut lesenswert. Warum? Ganz einfach: Marcel weiß, worauf es ankommt im Business der Public Relations und untermauert seine subjektiven Future Trends mit interessanten [...]