Nachdem ich vor einer Woche meine Meinung zur Diskussion um Blogs in den Ring geworfen habe, widme ich mich heute der aktuellen Diskussion um Social Media. Der Hype ist vorbei und Müdigkeit macht sich breit, wie es scheint. Und nach und nach mehren sich die Stimmen, die davon schreiben das die Social Media tot seien. Ein Standpunkt zum Wochenauftakt.
(Bildquelle: Flickr, creative location)
Olaf Kolbrück machte letzte Woche den Anfang mit “Social Media: Das Netz der Enttäuschten“. Olaf spielt in seinem Blogpost bewusst den advocatus diaboli und hinterfragt den status quo von Social Media. Er diagnostiziert Social Media Müdigkeit, die so gar nicht im Einklang zu den Mitgliederzuwächsen sozialer Netzwerke wie Facebook und Co. stehe. Studienergebnisse zeigen, das Social Media weniger dem Cluetrain Manifest a lá “Märkte sind Gespräche” entspricht als vielmehr dem Couponing via Loyoalitätsprogramme auf Facebook. Olaf endet denn auch provokant: “Denn die von Social-Media-Evangelisten so oft postulierten weichen Faktoren und Imageeffekte spielen nicht mal eine Nebenrolle. … Ein Einfluss von Facebook-Seiten auf die Markenwahrnehmung sei nicht nachweisbar.”
Thilo Specht meinte denn auch am Fraitag: “Tschüss Social Media, es ist vorbei! The Passion Haz Gone“. Der umfangreiche Post von Thilo dreht sich kurzgesagt um Leidenschaft vs. Reissbrett. Thilo sagt selbst in seiner Antwort auf meinen Kommentar: “Natürlich ist Social Media nicht am Ende. Vielmehr steht das reißbrettartige Verständnis der Social Media Konzeption und die Kanalmentalität vieler Kommunikatoren vor einem Scherbenhaufen…”
Gestern hat schließlich noch Jürgen Vielmeier nachgelegt: “Es ist vorbei: Ein Abgesang auf den Social-Media-Hype“ Er kommt zum Schluss: “Social Media war einst interessant und verlor dann an Aufregung. Genau wie andere, frühere Hype-Themen der IT, wie Sicherheit, Drucker oder DSL. Social Media wird uns in Zukunft als Werkzeug begleiten. Und mehr wird es nicht mehr sein.”
Ein bisschen Mut machte gestern dann aber noch André Vatter, der die “Ergebnisse der kleinen Umfrage: Der Stand von Social Media 2011“ (80 Teilnehmer) veröffentlichte. “Den vorliegenden Ergebnissen nach zu urteilen, hat sich im Vergleich zu 2010 nicht viel verändert. Es hält sich die Waage; an manchen Stellen hat sich das Engagement sogar verstärkt, zum Beispiel dank Google Plus. Die Nutzung von Location Based Services und der Business-Netzwerke scheint zu stagnieren, was unter anderem daran liegen könnte, dass die großen Drei (Facebook, Twitter und Google Plus) heute ähnliche Services integriert anbieten. Warum also dieser Eindruck der trägen Branche? Ich glaube, dass die Medien dieses Bild mitformen: Es gibt keine Feature-Reportagen mehr. Warum? Weil die Netzwerke in den vergangenen Monaten damit gesättigt wurden: Fotogalerien, Videochat, Locations und Games – das waren die Aufreißer in den Medien. Der Schwerpunkt der Berichterstattung verschiebt sich nun auf die Beobachtung des Social Webs und hier vor allem auf die Einschätzung des Wettbewerbs.”
Social Media, wo bist Du?
Was ist hier jetzt eigentlich los, fragt sich der eine oder andere unter uns, wenn er das so liest. Social Media tot? Social Media sagt Tschüss? Hype vorbei? Es geht in meinen Augen um eine Konsolidierung eines wichtigen digitalen Themas, die längst überfällig war und immer stärker zutage tritt. Allerdings meint wir eher diejenigen unter uns, die in Agenturen arbeiten, Marketingexperten sind oder die sich tagtäglich behände durch das Social Web bewegen, weil sie Feuer und Flamme dafür sind usw. oder alles zusammen in einer Person.
Fragt man allerdings mal privat im Freundeskreis herum, regiert dort mitunter noch die Frage die Gemüter, wofür man neben einem Email-Postfach und einem Facebook Account für Freunde in aller Welt noch weitere Aktivitäten im Netz starten sollte. “Brauchts doch nicht” oder “stresst mich nur” oder “blick ich alles nicht mehr” bekommt man dann zuhören.
Die ganze Diskussion um Sein oder Nichtsein von Social Media ist demnach auch eine Frage der Perspektive. Die zitierten Blogposts kommen eher aus der Perspektive von Kennern und Profis, die eben auch beruflich Social Media anwenden und/oder beraten. Ok, ich unterstelle mal, dass die Grenze zwischen beruflich und privat hier dann auch fließend ist
Social Media ist längst Alltag
Ja, für viele ist es das. Für viele auch nicht. Für Unternehmen, zählt, das was hinten rauskommt. Wenn sie sich zu einem Social Media Engagement entschieden haben, muss dieses profitabel sein. So einfach wie es sich schreibt, so schwierig ist dies in der Realität. Was kommt nach einem ersten Aufschlag (Vermeidung von Begriffen wie etwa Kampagne)? Wie macht man weiter? Alessandro schreibt immer wieder hier im GREY Blog über gelungene Projekte und fordert langfristiges Engagement ein. Und neben der Profitabilität der Unternehmen steht jene für die Nutzer bzw. Kunden. Welchen Mehrwert bekommen diese geboten? Wie wichtig sind Unternehmen eigentlich ihre künftigen Kunden? Klar kann man kurzfristig mit ner Aktion Erfolg haben, aber in meinen Augen ist Social Media mehr als nur eine Verkaufsaktion via Facebook & Co. Es ist Leidenschaft, wie Thilo zurecht schreibt. Und die dauert an. Besser gesagt: Man lebt sie!
Leidenschaft + Business = Social Media as its Best
Wir alle haben unterschiedliche Auffassungen von Social Media. Für den einen sind es nur Kanäle oder Instrumente. Für den nächsten ist es eine Lebenseinstellung. Und für den Dritten geht es um einen Kulturwandel. Für mich beispielsweise ist Leidenschaft eine elementare Größe für Social Media. Enthusiasmus für Kommunikation finde ich dufte. Wie bekommt man diese Leidenschaft mit den klaren wirtschaftlichen Größen unter einen Hut?
Vielleicht ist das ja ganz einfach: Was Du nicht willst das man Dir tut, das tue auch keinem anderen an. So könnte das klappen. Und das ist jetzt kein weicher Faktor. Denn es ist die Realität, die uns tagtäglich das Social Web vor Augen führt.
Ein Unternehmen macht einen Fehler. Es weiss sich auch nicht zu helfen auf seinen Social Media Kanälen. Was passiert? Es melden sich Kunden oder “Freunde” der Marke, die ihrer Enttäuschung Ausdruck verleihen. Klar, es melden sich auch Berufskritiker, Besserwisser und sehr wahrscheinlich die besondere Spezies der allwissenden und selbsternannten Social Media Experten. Aber alleine die Tatsache, das sich die Kunden auf diesen Kanälen beschweren, führt dem Unternehmen wieder einmal vor Augen, wofür es eigentlich da ist: Für gute, faszinierende, emotional ansprechende, sinnvolle Produkte. Wenn es da hakt, melden sich eben auch inzwischen immer mehr Käufer, Kunden oder Nutzer via Social Web. Und dabei kann man durchaus Einiges verlieren, etwa Umsatz!
Thesen
Schließlich will ich diesen Post nicht ohne ein paar Thesen beenden, die ich mir im Zuge der letzten Woche auch über das eine oder andere Gespräch überlegt habe. Vielleicht habt Ihr ja Lust, sie mit mir zu diskutieren, auch wenn sie ein wenig überzeichnet sind
1. Und jährlich grüßt Social Media: Was jetzt debattiert wird, wurde vor einem Jahr schon diskutiert, halt nur ohne Google+!
2. Social Media ist die Seth Godin`sche riesige Cocktail-Party, auf der Du Dich amüsieren willst. Ist die Party gut, bleibst Du länger als Dir lieb ist. Ist sie schlecht, bist Du der Erste, der sich schleicht.
3. Social Media muss sich professionalisieren, handwerklich wie auch leidenschaftlich, um seine Akzeptanz zu erhöhen!
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