Sind Blogs in der Krise? Nein!

by Johannes on 12. September 2011

“Und täglich grüßt das Murmeltier”, wird der eine oder andere jetzt denken. In regelmäßigen Abständen kann man über das “Sterben” der Blogs lesen. Wo? In Blogs. Zumeist zielen die Artikel auf die mutmaßlich seltener werdenden Diskussionen via Kommentare ab. Stimmt das? Ein Standpunkt zum Wochenauftakt.

(Bildquelle: Flickr, Maria Reyes-McDavis)

Ich beobachte die immer wiederkehrende Diskussion um die Situation von Blogs in Deutschland. Ich frage mich dann immer, was dran ist. Beispiele? Robert Basic, der im April auf seinem Blog fragte, wo die Blog Debatte hin ist. “Die Zeiten ändern sich anscheinend. Oder ich habe einen falschen Eindruck. Mir fällt auf, dass Blog-Debatten zwischen zwei oder mehr Blogs kaum noch stattfinden.” Oder Mathias Schwenk, der im August in einem Artikel über die Defensive schrieb, in welcher sich die Blogs inzwischen befinden. “Es wird nicht mehr so viel verlinkt und auch nicht mehr so viel kommentiert. Statt dessen nehmen Likes (Facebook), Tweets (Twitter) und seit neuestem “+1″ (Google) zu.” Schließlich schrieb Nico Lumma Ende August in einer Replik auf einen Artikel des Web-Magazins T3N, das Blogkommentare leben werden. “Ehrlich gesagt wird die größte Auswirkung auf die Kommentare bei Blogs nicht Google+, Facebook oder ein Kommentarsystem haben, sondern die Güte des Contents verknüpft mit dem Grad der Kontroverse oder der Aufmerksamkeit. Ein langweiliges Blog bekommt keine Kommentare.”

Quo vadis, Blogs?

Was nun fragt sich der geneigte Leser oder eben auch der geneigte Blogger. Werfen wir halt einfach die “Blog-Flinte ins Korn”? Meine Antwort darauf lautet entschieden: NEIN. Und ich versuche dies mit ein paar Feststellungen zu untermauern. Im Anschluss gibt uns Carsten “Caschy” Knobloch, bekannter Tech-Blogger und Digital Relationship Manager bei notebooksbilliger.de, in einem kurzen Gespräch eine Einschätzung, wie er die Debatte bewertet.

Meine Meinung zur Diskussion um Blogs: Jetzt erst recht!

Unabhängig von den Beiträgen von Mathias, Nico, Robert oder T3N hört man ja immer wieder einmal das Klagen übers Bloggen. “Ich gebe mir so viel Mühe und es kommt nichts bei rum” – so oder so ähnlich klingt das dann. Aber es kommt eben darauf an, was man sich selbst für ein Ziel gesteckt hat. Wofür blogge ich überhaupt? Will ich mit dem Bloggen Mitarbeiter, Kunden, Nachwuchs und Multiplikatoren erreichen, so wie wir es mit dem GREY Blog beabsichtigen? Will ich einfach nur meine Gedanken mit anderen teilen? Hat man ein Ziel für sich formuliert und die Rahmenbedingungen (Themen, Autoren, etc.) geklärt, sollte man anfangen! Worauf will man auch warten. Jetzt erst recht! Und beim Machen, sprich dem Bloggen, scheinen mir  drei Aspekte wichtig:

Nicht auf die Zahl der Kommentare kommt es an, sondern auf den Content!

Manchmal geht es mir so: Ich schreibe und recherchiere mir für einen Blogpost förmlich die Finger wund und dann kommt im Blog nicht einmal ein Kommentar. Und jetzt? Es geht weiter! Der nächste Artikel wartet, darauf geschrieben zu werden. Und dabei stellt sich die Frage: Wofür schreibt Ihr? Für möglichst viele Kommentare, egal ob im Blog oder in den Sozialen Netzwerken? Dann, so prophezeie ich Euch, wird das nix, schon alleine, weil man es lesen kann, das dahinter nur Opportunität steckt. Schreibt ihr über interessante Themen spannende Artikel, kommen die Leser von alleine. Und die Kommentare sowieso, ob im Blog oder via Social Networks. Denn: Frischen Blogposts schadet es nicht, wenn sie hier und dort mal angekündigt werden. Wenn man das dann noch zielgruppenorientiert betreibt, umso besser.

Du willst als Blogger gelesen werden, dann geh dorthin, wo Deine Leser sind!

So ähnlich formulierte Holger Schmidt, Wirtschaftsredakteur und Blogger der FAZ, es hier im Interview für Journalisten. Und recht hat er. Ich muss dorthin, wo es brummt. Sprich, wenn ich regelmäßig über Blogs schreibe, muss ich sie lesen, dort kommentieren (aber nicht um des Kommentierens willen sondern, weil ich eine Meinung habe), mich mit Bloggern off- wie online austauschen usw. Dadurch kann ich mir eine fundierte Meinung bilden und langfristig findet meine Stimme auch Gehör im Social Web.

Bloggen braucht Geduld, Geduld und nochmal Geduld!

“Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen” heißt es so schön. Und das gilt auch fürs Bloggen. Wer an sich glaubt, Ideen hat, gerne mit anderen Menschen in Kontakt tritt, eine eigene Art hat zu schreiben und viel Leidenschaft mitbringt, dem bleibt auf lange Sicht der Erfolg nicht verwehrt. Was genau der Erfolg sein wird, muss jeder für sich definieren. Für ein Corporate Blog, wie es das GREY Blog ist, gehört dazu sicherlich neben der Gewinnung von Nachwuchs auch der mögliche Kontakt mit einem Kunden, der die Expertise schätzt. Man kann sich natürlich auch auf quantitative Zahlen beim Traffic oder bezüglich Likes, Shares, +1 , Tweets etc. stützen. Aber wie gesagt: Mir ist die Qualität und die Leidenschaft wichtiger. Und stimmen beide überein, gesellt sich das Quantitative von alleine dazu ;)

Gespräch mit Tech-Blogger Carsten “Caschy” Knobloch via Google+: “Statt sich Sorgen zu machen über die Probleme des Bloggens, sollten die Leute einfach mal losbloggen und vielleicht das besser machen, was sie in ihren eigenen Beiträgen bemängeln”

Johannes: Die IFA 2011 ist eine Woche her. Wie war sie für Dich? Du hattest ja nen großen Output, was Content anbetrifft, da Du ja von vor Ort berichtet bzw. gebloggt hast.

Caschy: Spannend. Netzwerken, viel Technik. Es ist dieses “rauskommen”. Andere Blogger und Menschen treffen, ihre Sicht der Dinge im gesprochenen Wort erleben – oft etwas ganz anderes, als das Geschreibe.

Johannes: Weniger oder mehr Kommentare als sonst?

Caschy: Da konnte ich eigentlich keinen Unterschied feststellen. Ich versuche ja immer, auch während meiner Abwesenheit das Blog zu befüllen. Sind halt dann etwas aktuellere, andere Themen.

Johannes: Siehst Du Blogs in Deutschland generell in einer Krise durch die Verlagerung von Diskussionen auf Google+, Facebook und Co., wie es Nico Lumma, Mathias Schwenk, Robert Basic oder T3N in den letzten Monaten feststellten?

Caschy: Überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Ich sehe blühendes Leben, spannende Beiträge, viele Kommentare, die sich auch über Facebook, G+ & Co erstrecken. Es ist das alljährliche “Blogs sind tot”-Gesabbel. Nein, stelle ich nicht fest.

Johannes: Bemerkst Du diese Verlagerung auf Deinem eigenen Blog oder auch auf dem Blog Deines Arbeitgebers notebooksbilliger.de, für welchen Du ja als Digital Relationship Manager arbeitest?

Caschy: Eine Verlagerung? Nein, überhaupt nicht. Das eine Blog ergänzt das andere.

Johannes: Wir benutzen hier im GREY Blog seit jüngster Zeit das Kommentarsystem livefyre und machen damit gute Erfahrungen, da es auch die Kommentare zu Blogposts aus Twitter und Facebook aufnimmt. Ist das ein Weg, die Diskussion “zurück” zum Blog zu holen?

Caschy: So etwas ist ein Muss. Wird auf Kurz oder lang kommen. Gerade bei G+ wünsche ich mir dies, da die Kommentarkultur zurzeit dort viel höher ist, man mehr und anderes Publikum erreicht. Wenn die API von Google kommt, dann steht uns Spannendes bevor.

Johannes: Liegt nicht in der Herangehensweise, Kommentare zu erwarten, schon ein Fehler? Denn wo ist das Problem für den/die Blogger/in, wenn sich sein Beitrag via Social Web “vervielfältigt”? Für Ihn/Sie kann das doch nur von Vorteil sein…

Caschy: Viele Blogger wollen lieber den reinen Besucher auf der Seite haben. Den Klick, den View – der ist messbar und lässt sich unter Umständen in Werbegeld ummünzen. Kommt immer auf den Blogger bzw. die Art des Blogs an. Wer aus reinem Interesse an der Unterhaltung schreibt, dem kann es egal sein, wo die Kommentare auflaufen. Trotzdem, ich finde einen Ort – im Blog  – trotzdem schöner. Man sitzt quasi im Wohnzimmer des Bloggers.

Johannes: Was können wir tun, um die Blogosphäre in Deutschland zu stärken? Die Fashionbloggerin Anna Frost meinte hier im Interview, ihresgleichen wären am stärksten miteinander vernetzt? Warum ist das nicht grundsätzlich nicht so?

Caschy: Blogs, das ist ein riiiiiiiesiges Universum. Ich lebe dabei in der Tech-Galaxie, andere in der des Foods, Fashion und Co. Ich kann daher nicht für andere sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass es für Anna einfacher ist, als für angehende Fashion-Blogger. Ist man etabliert, dann geht es eben einfacher – der Kontakt wird gesucht, anstatt dass ich den Kontakt suchen muss. Nun ja, wie erwähnt: reine Spekulation. Wie bei allen Blogs spielen wohl menschliche Wesenszüge mit rein: Freundschaft, Neid, Bewunderung, Hass und Co. Ich denke nicht, dass man sich da Gedanken machen sollte, so etwas reguliert sich doch immer von alleine. Ich vernetze mich auch nicht mit Blogs oder einer Sache, sondern den Menschen dahinter – und das können auch Blogger aus anderen “Galaxien” sein.

Johannes: Schließlich: Was ist für Dich das Wichtigste beim Bloggen? Was rätst Du denjenigen, die sich Sorgen um das Bloggen in Deutschland machen oder selbst daran denken, mit dem Bloggen aufzuhören, was ja inzwischen auch häufiger zu lesen ist?

Caschy: Statt sich Sorgen zu machen über die Probleme des Bloggens, sollten die Leute einfach mal losbloggen und vielleicht das besser machen, was sie in ihren eigenen Beiträgen bemängeln. Und wenn man keinen Bock mehr hat, dann hört man einfach mal auf – anstatt zu jammern, dass man nun aufhört, weil ja alles tot ist und so – das ist lächerlich.

Johannes: Caschy, danke für das Gespräch und liebe Grüße an die Waterkant! P.S.: Wenn Du mal wieder in Düsseldorf bist, wartet ein frischer Espresso Macchiato auf Dich oder ein Kaltgetränk Deiner Wahl ;)

Caschy: Wenn ich die Wahl habe, nehme ich das Kaltgetränk ;)

Trackbacks

  1. [...] rei­nes Tool für Blog­kom­men­tare. Im — mir bis­her nicht bekann­ten — Blog ”Grey” fand ich in einem Inter­view mit Caschy (des­sen Blog ich bereits seit län­ge­rer Zeit folge und mehr­fach emp­foh­len [...]

  2. [...] möglichst viel Beachtung und Aufmerksamkeit im Netz zu bekommen? Eine Frage die nicht zuletzt auch in der Blogosphäre immer wieder diskutiert wird. Etliche machten sich zwischenzeitlich daran das “Geheimnis” zu lüften, dennoch [...]

  3. [...] Sind Blogs in der Krise? Nein! Das findet zumindest Johannes Lenz, der seine Gedanken und auch die Meinung von Carsten Knobloch sehr gut niedergeschrieben hat. Lesenswert. [...]

  4. [...] Nicht die Blogs sind in der Krise, sondern die Blogger!: Ich beobachte die immer wiederkehrende Diskussion um die Situation von Blogs in Deutschland. Ich [...]

  5. [...] Matthias Schwenk sieht die Blogs in die Defensive gedrängt, da die fortschreitende Digitalisierung die Vernetzung der Blogs untereinander erschwere und die Social Networks neue attraktive Kommentarräume zur Verfügung stellen. Bei t3n habe ich mich mit einer These von Robert Scoble beschäftigt. Er glaubt die Social Networks würden die Blogkommentare aussterben lassen. Nico Lumma sah das in seiner Replik anders und wünscht sich viel mehr ein ultimatives Kommentarsystem, mit dem sich die Kommentare der verschiedenen Plattformen zu einem Strang vereinen lassen. Auch Johannes Lenz von Grey und Carsten Knobloch alias @Caschy sehen nicht die Blogs in der Krise, sondern die Blogger. [...]

  6. [...] ich zu Beginn der Woche darüber geschrieben habe, das nicht die Blogs in der Krise seien, sondern die Blogger, schrieb Falk Hedemann in seinem privaten Blog eine Replik. Unter dem Titel “Blogs in [...]

  7. [...] addthis_options = "tweet,facebook,google_plusone";Nachdem ich vor einer Woche meine Meinung zur Diskussion um Blogs in den Ring geworfen habe, widme ich mich heute der aktuellen Diskussion um Social Media. Der Hype [...]

  8. [...] bis zweimal im Jahr durchzuführen. Kein gutes Haar lies er schließlich an dem einen oder anderen Blogger, der sich im Zuge der Kampagne äußerte. Im Anschluss an seinen Vortrag habe ich mit Ulrich Klenke [...]

  9. [...] der Blogger bloggen neben ihrem Beruf, etwa ein Drittel [...]

  10. [...] werden Blogs auch in Zukunft populär sein. Denn: Sie bieten uns eine hervorragende Möglichkeit, Gedanken, [...]

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