Marken: Wachstum ohne Produktinnovation

by Alessandro on 5. August 2011

 

Obwohl 80% aller Produktinnovationen ein Flop sind, gibt es noch viele Unternehmen, die der Meinung sind, dass Wachstum hauptsächlich über Produktinnovation oder Portfolio-Erweiterung zu erreichen ist. Das ist aber nur ein Weg und letztes Jahr haben wir  für P&G eine Präsentation mit dem Titel “Grow the core” vorbereitet, wo wir 5 Mythen über Wachstum in Bezug auf  “line extensions” widerlegen wollten. Zwei davon möchte ich gerne heute mit Euch teilen und diskutieren.

Mythos 1: Ohne “line extension” kann meine Marke nicht wachsen
Sicherlich gibt es viele Beispiele von sinnvollen und erfolgreichen Neuprodukteinführungen. Aber zu selten spricht man über Marken, die es geschafft haben, zu wachsen, ohne irgendetwas an dem Produkt zu verändern.

Perrier (USA)
In den 80er Jahren wurde Perrier im Studio 54 serviert und von Andy Warhol verewigt. Damals hatte Perrier einen Marktanteil bei importiertem Mineralwasser von 80%. Über 20 Jahre später ist davon wenig übrig geblieben. 2006 wurde Perrier nur noch von einer kleinen Minorität von loyalen “Perrieristas” konsumiert. Hingegen erobert hatten den Premium-Mineralwasser-Markt Marken wie Fiji, Voss und Glaceau.

Die Idee
Die Marke brauchte eine Idee, die in der Lage war das Ikonische an der Marke wieder zu beleben und damit 20 bis 30jährige für die Marke begeistern zu können. Die Idee musste es auch schaffen, Perrier zu DER Mineralwasser-Marke in angesagten Clubs und Bars zu machen. Perrier schuf diesen Turnaround nicht mit neuen Geschmacksrichtungen oder gar einem neuen Flaschendesign, sondern indem es das wieder zelebrierte, was die Marke mal erfolgreich gemacht hatte: Nicht an den Markt anpassen, immer eine klare Meinung besitzen und diese auf ungewöhnlicher Art & Weise zu kommunizieren.

Die neue Kampagne basierte auf der Idee “Perrier puts an unconventionally sophisticated twist on things“. Im Fokus der kreativen Umsetzung standen die letzten 3 Buchstaben des Markennamens “IER”, die über alle Medien benutzt wurden um die Besonderheit der Marke zum Ausdruck zu  bringen (Bildquelle: Flickr, Toni Kaarttinen).

 

 

 

 

 

 

 

Nach dem Kampagnenstart übertraf der Absatz von Perrier zum ersten Mal seit 15 Jahren das Niveau von 1990 und wuchs um 11%. In nur 3 Monaten konnten mehr als 400 angesagte Bars in New York und Los Angeles für die Marke gewonnen werden.

Mythos Nr. 2: Ohne Produktinnovation ist es sehr schwer neue Zielgruppen für die Marke zu gewinnen
Das California Milk Processor Board (CMPB) ist die Organisation, die sich in den USA für einen höheren Milchkonsum stark macht.
In der Vergangenheit war das CMPB schon sehr erfolgreich mit Kampagnen wie “Got Milk”, die es geschafft haben, mehr Menschen in Amerika dazu zu bringen, Milch zu trinken.

Aber nach mehr als 10 Jahren war bei “Got Milk” die Luft raus. CMPB stellte fest, dass vor allem bei Teens das Getränk noch längst nicht so attraktiv war, wie man sich das erhofft hatte. Insbesondere das gewandelte Umfeld, in welchem Medien konsumiert werden – Vormarsch der Sozialen Medien – ließ die Milch ziemlich “uncool”  aussehen im Vergleich zu anderen Produkten.

Die Idee
Basierend auf neuen wissenschaftliche Erkenntnissen, wonach Milch nicht nur für die Knochen und die Zähne gut sei sondern auch für die Muskeln und darüber hinaus die Haare und Nägel schöner macht, entwickelte die zuständige Agentur eine integrierte Kampagne rund um den Gedanken “Teen’s vanity”. Vor der Entwicklung der kreativen Idee nutzte man mehrere Blogs, um kontinuierlich mit der werberesistenten Zielgruppe – kalifornische Studenten ;) – im Dialog zu bleiben, um vor allem herauszufinden, welche Themen ihr Leben und Alltag bewegen.

Es kristallisierten sich 3 Insights aus den vielen Blogbeiträgen und Diskussionen heraus:

  1. Musik spielt eine immer größere Rolle im Leben und Social-Media Dialog von Teens
  2. Das Bizzare/Unerwartete/Überraschende zieht Teenager an, darüber tauschen sie sich auch mit ihren Freunden aus
  3. Die digitale Welt ist für sie real und für sie zum unverzichtbaren Kommunikationskanal geworden

Damit war klar: Teens interessieren sich wieder für Milch, wenn diese Teil der Pop Kultur der Teens wird. Die Idee “White Gold & the calcium tweens” war geboren. Keine klassische Kampagne, sondern eine Band, die die neue Botschaft der Marke auf sehr unterhaltsame und unerwartete Art & Weise in die Welt trug:

Die Kampagne schlug ein wie eine Bombe und schaffte, was keine Milch-Kampagne vor ihr geschafft hatte: Milch zum Gesprächsthema von kalifornischen Studenten zu machen:

  • 1,5 Mio. Musikvideos wurden eingereicht
  • 90% aller befragten Teens stimmten zu, dass White Gold eine lustige und interessante Idee sei, mehr über Milch herauszufinden
  • Teens, die die Kampagne kennen, haben eine um 28% höhere Bereitschaft, Milch mehrmals am Tag zu trinken, als diejenigen, die die Kampagne nicht kennen

Das nachfolgende Zitat ist nur eines von vielen, aber es veranschaulicht sehr schön, wie sehr sich die Zielgruppe mit der neuen Kampagne identifizierte:

“White Gold, your glass is always half beauty-full. You have a certain glow about you and it isn’t just skim deep. Wow…wow….wow”.

Wenn ihr mehr über die verbleibende 3 Wachstum-Mythen erfahren möchtet, kann ich gerne beim nächsten Mal darüber berichten.

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